„Klo!!!! Lassen Sie mich aufs Klo oder ich pinkle hierher!“

Lockdown Nummer 658. Wir spazieren mit der Familie durch die Wiener Innenstadt. Eine schöne Sache: Es ist wenig los, die Luft ist frisch, aber nicht zu kalt und die Weihnachtsbeleuchtung taucht die City in eine schöne, vorweihnachtliche Atmosphäre. Mein Freund summt „Jingle Bells“ und ich liebe es! Ich liebe den Zauber dieser Zeit, Wien und in diesem Moment liebe ich die ganze Welt. Sogar die Menschen, die ich normalerweise mit meinem Hinterteil nicht anschauen will. Ich könnte weinen vor Glück. Zum 837. Mal heute.

Die anderen holen sich Glühwein to go, ich passe. Nicht nur, weil ich schwanger bin, sondern auch, weil ich meine Blase unbedingt unter Kontrolle halten will.

Es kommt, wie es kommen muss …

Gelingt mir semi-gut. Nach etwa einer halben Stunde, die wir unterwegs sind, muss ich aufs Klo. Zum 2.093 Mal an diesem Tag (es ist 14 Uhr irgendwas …). Und das Fatale: Wenn ich aufs Klo muss, dann muss ich. Dann habe ich noch etwa vier Minuten Spielraum, aber das war’s. Seit ich schwanger bin, sind es noch zweieinhalb. Was danach passiert, weiß ich nicht, weil ich’s bislang immer in der Zeit aufs Häusl geschafft habe, aber ich male mir kein allzu schönes Szenario aus, sobald der Countdown abgelaufen ist.

Blöd jedenfalls, wenn in diesem Moment keine freie Toilette in der Nähe ist. Und nachdem keine Geschäfte offen haben, sind meine Chancen, ein Klo zu finden, – so realistisch muss man sein – gleich null. Was bleibt als Alternative? Mich mitten am Graben hinzuhockerln … Naja. Kann, ehrlich gesagt, auch nicht die Lösung sein. Vor allem: Wie soll ich mich in ganzer Montur und mit Baby-Plauze in die Knie gehen und dann auch noch die Balance halten? Ein Ding der Unmöglichkeit. Das letzte Mal, als ich das probiert habe, war bei uns zuhause unterm Küchenwaschbecken. Ich wollte Putzmittel rausfischen, mich hat’s auf den Hintern gesetzt und ich musste mich wie ein übergewichtiger Käfer mit ein paar Anläufen in den Vierfüßerstand hieven, um dann wieder irgendwie hochzukommen.

Mich überkommt Nervosität und leichte Hysterie. Ich will mich nicht anpinkeln. Bitte, liebes Universum, mach, dass ich mich hier nicht anpinkle!

„Da vorne ist ein Starbucks. Hol dir was zu trinken und geh dort aufs Klo“, schlägt mein Freund vor.
„Passt“, sage ich und denke gar nicht daran, mir was zu trinken zu holen. Ich will Cookies!

So schnell ich kann – minus 2,5 km/h – haste ich davon in Richtung Café. Die Familie hänge ich nur ab, weil sie mit Window-Shopping beschäftigt sind.

Auf dem Klo wurde wer ermordet …

„Bitte irgendeinen Tee“, sage ich und hüpfe von einem Bein aufs andere, „Und dann müsste ich bitte auf die Toilette.“
„Youthberry?“
„Ja, passt.“
„Aufs Klo kann ich Sie leider nicht lassen.“
„Bitte wie?“
Die Angestellte deutet auf die Toiletten, die mit rotem Absperrband abgeriegelt sind.
Oh nein, hier wurde wer ermordet. Oder es ihn oder sie der Schlag beim Sch*** getroffen. Und ich dachte bislang, das sei nur ein blöder Spruch.
„Corona-Verordnung.“
„Ja, aber ich muss.“
„Und das tut mir auch sehr leid, aber wie gesagt …“
„Dann pinkle ich jetzt hierher.“
„Bitte wie?“
„Sie haben richtig gehört“, drohe ich in meiner Verzweiflung, „Entweder Sie lassen mich aufs Klo oder ich pinkle hierher. MEINE BLASE GEHT GLEICH ÜBER!“

Die Angestellte blickt mich ratlos und mit großen Augen an.
„Hören Sie, ich scherze nicht. Ich bin schwanger und muss aufs Klo“, während ich mich erkläre, reiße ich meinen Mantel auf, weil Hitzewallung und meine Kugel springt ihr entgegen.
„Oh, sieht man mit Jacke gar nicht“, erklärt sich die Angestellte, „Das ist natürlich was anderes. Kommen Sie.“

Und ich sehe mich mit der nächsten Challenge konfrontiert: Unter dem Absperrband durch oder oben drüber …


Ein Kommentar

  1. Kann ich sehr gut nachvollziehen die Situation. Bin auch grad schwanger. Dazu habe ich noch Morbus Crohn. Stell dir mal vor so geht es dir jeden Tag. Jedes Mal muss man sich erklären und ist auf die Gnade anderer angewiesen einen aufs Klo zu lassen… Nicht nur wenn man schwanger ist… Horror, sag ich dir..

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