34 ungelesene E-Mails in meinem Gmail-Postfach. Aufforderungen, bei irgendwelchen Gewinnspielen mitzumachen (Mach ich vielleicht später. Ein Wochenende im Hotel wär geil …), Nachrichten zum Tod der Queen (Ich bin noch immer bewegt.), Anfragen auf Willhaben (Nein, ich bringe keine Handtasche vorbei, die ich verschenke …). Und ein Mail von einer gewissen Sabrina Soundso: „Liebe Kathi, ich hab deinen Kontakt von … Ich plane, ein Buch zu schreiben und wollte fragen, ob dich ein Job als Ghostwriterin interessiert.“
Ich antworte: „Lass uns plaudern. Können wir am Montag telefonieren. Diese Woche bin ich allein mit meinem Baby und ich würd mir für das Gespräch gern Zeit nehmen.“
Sie antwortet: „Klar. Freu mich.“
Sie antwortet noch einmal: „Du, ich hab mich für jemand anderen entschieden. Ich will effizient arbeiten. Ich glaube, das ist momentan nicht günstig bei dir.“
Leider kein Witz. Leider tatsächlich so passiert. Im Jahr 2022. Zwanzigzweiundzwanzig. Female Empowerment und so. Ich sitze da und bin einfach nur traurig. Nicht wegen dem Ghostwriter-Projekt. Sondern dass Frauen andere Frauen wirklich und echt so behandeln. „Ich will effizient arbeiten. Ich glaube, das ist momentan nicht günstig bei dir.“ Durch die Blume für: „Du kannst das nicht als Mama.“ Wow. Sag mir, dass du meinen Schreibstil nicht magst. Sag mir, dass du mich nicht magst. Aber sag mir keinen Job ab, weil ich Mama bin.
Als ich die Nachrichten später meinem Freund vorlese, sagt er was von „… da sagen sie dir, dass man nicht nur Eltern ist …“ Ich unterbreche ihn: „Frauen. Sie sagen Frauen das. Männer können tun, was sie wollen. Und wenn sie zehn Kinder von zehn Frauen haben, kriegen sie den Job trotzdem.“
Ich inhaliere jeden Moment als Mama …
Ich bin durch und durch Mama. Ich liebe und zelebriere meine Rolle als Mutter. Mir imponiert’s zum Beispiel nicht, wenn Freunde ihre Babies ins Bett legen, rausgehen und die Kleinen von allein einschlafen. Ich kann mir nichts Schöneres vorstellen, als abends neben meiner Tochter zu liegen und ihr dabei zuzuschauen, wie sie einfach nur da liegt. Ich mag das Gefühl, wenn sie in meinen Armen langsam zur Ruhe kommt. Ich mag die Idee, ihr Hafen zu sein, ihr Anker. Es wird eh eine andere Zeit kommen – wo sie nicht mehr kuscheln will. Wo ich ihr peinlich bin. Wo sie lieber mit Freunden abhängt als mit ihrer alten Mamsch. Und ich fürchte, die kommt schneller, als mir lieb ist. Daher inhaliere ich jeden Moment mit ihr.
… und trotzdem …
Aber – Überraschung! – ich bin noch mehr. Ich bin Partnerin, Unternehmerin und Journalistin. Alles mit ganz, ganz großer Leidenschaft. Daher lass ich mir ungern sagen, dass ich etwas nicht kann, weil ich Mama bin. Oder Frau. Oder blond. Oder auf was für wahnwitzige Ideen andere da noch alles kommen. Ich bin sogar noch mehr: Ich bin Freundin, Tochter, einfach ich. Sicher, das mit der Fremdbestimmung braucht man nicht abzustreiten. Mit einem guten Umfeld, das ich habe, ist aber trotzdem noch immer fast genauso viel möglich. Und ja, Kinder werden krank, Kinder sind nicht planbar und manches funktioniert trotz funktionierendem Umfeld oft nicht. Aber das sagt man nicht. Schon gar nicht von Frau zu Frau. Schon gar nicht von Mutter zu Mutter. Lass uns lieber gemeinsam Dinge möglich machen.
Mich enttäuscht das Bewusstsein, dass es sie vermutlich beeindruckt hätte, hätte ich ihr abgesagt, weil ich Graf Bumsti interviewen muss, sie aber mich und mein Arbeiten anzweifelt, weil ich ein kleines Kind habe. Ich denke an die Erzählung einer Bekannten, deren Freundin ihrem Chef nie die Wahrheit sagte, wenn das Kind krank war und sie deshalb erst gegen Mittag im Büro sein konnte. Sie sagte lieber, das Auto hätte eine Panne. Dafür hatte der Boss schon viel mehr Verständnis. Es macht mich traurig, die Antwort zu kennen, auf die Frage, warum in Sachen Gleichberechtigung noch immer so viel zu tun ist. „Nimm’s nicht persönlich“, sagt mir die Kontaktherstellerin, „Ich hab den Eindruck, sie arbeitet lieber mit Männern zusammen.“ Das macht das Ganze irgendwie nicht besser …
Claudia
Danke🙂
astrid
1. schreib ihr zurück: mah, wie gut dass du absagst – ich hätt das sonst machen müssen weil parallel kam was geileres rein als dein fake-buch.
2. oida bitte die ansage: ich will win buch schreiben. magst du meine ghostwriterin sein?
wie peinlich is das bitte?
und ja es is letztklassig, aber wsl besser so.
tür zu und andere auf und so…
ich schick dir gute energie!
Daniela
Noch immer. Verdammt.
Als ich 1999 meinen 1. Sohn erwartet, rief mich an ein Kollege an. Ein paar Jahre zuvor hatte ich ihm sein altes Spam Saxofon abgekauft (noch heute mein lieblings Instrument 🥰)
Er sagte: ich kauf dir das Sax wieder ab, jetzt bist ja schwanger und brauchst es eh nicht mehr.“
Tja Pech gehabt Schätzchen. Saxolady ist still alive. 💪💪💪