Mom Shaming: Es ist schon wieder passiert.

Aktuell fühle ich mich ein bisschen wie Jeanne d’Arc an der Mama-Front. Ständig konfrontiert mit Situationen, die Mütter verunsichern sollen und ständig darum bemüht, mich eben nicht verunsichern zu lassen. Stichwort: Mom Shaming. Ich habe das Gefühl, dauernd werden meine persönlichen Grenzen attackiert und mehr denn je will ich sie aber gewahrt wissen. Permanent fühle ich Stress von allen Seiten und ich bin nicht gewillt, mir diese Druckmacherei tatsächlich umhängen zu lassen. Also empöre ich mich. Einmal mehr.

Letztens beim Kinderarzt …

Wir sind dabei, uns einen neuen Termin für eine dieser Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen zu machen. Warum das Dokument eigentlich nicht längst Eltern-Kind-Pass heißt. Und schon sind wir mitten im Thema …
„Sag du, wann du am besten kannst, ich bin ja eh immer in Wien“, sage ich zu meinem Freund, der beruflich immer wieder im Ausland oder in Kärnten ist.
„Geh, Sie brauchen ihn nicht. Sie schaffen das auch allein“, unterbricht die Ordinationsassistentin unser Gespräch. Sie sagt es in einem übertrieben hohen Tonfall, legt ihren Kopf dabei ebenso übertrieben zur Seite und zwinkert mir zu. Ich verstehe, dass sie sich über mich lustig macht.
„Sicher, aber ich will’s gar nicht allein schaffen.“
„Sie schaffen es.“

Mir reicht’s. Ich knalle den Mutter-Kind-Pass auf den Tresen und brülle: „Was zum Teufel wollen Sie von mir? Ich hab Sie nicht um Ihre blöde Meinung gebeten. Wären Sie jetzt so freundlich, die Klappe zu halten?“

Mach ich natürlich nicht. Stattdessen ignoriere ich sie diplomatisch, wir schlagen ihr einen Termin vor, an dem mein Freund auch kann, sie bestätigt, wir verabschieden uns und gehen. Und ich ärgere mich. Was war das eben? Falsch platziertes Empowerment? Schlechter Humor? Neid? Mom Shaming!

Von Un-Müttern und Übermamas

Ich denke an die erste Ausfahrt zum Kinderarzt. Von unserer Wohnung bis zur Ordination gibt’s genau eine Straße zu überqueren. Und die war für mich eine echte Challenge. Ich hab’s fünf Minuten lang einfach nicht geschafft, den Kinderwagen von einem Gehsteig zum anderen zu schieben. Mein Freund war längst auf der anderen Straßenseite und kam dann wieder zurück, um mit mir gemeinsam die Straße zu überqueren. Ich war froh, dass er dabei war. Und klar, ja, ich hätte es auch ohne ihn geschafft. Zwei Stunden später vermutlich. Aber darum geht’s gar nicht. Ich will es nicht ohne meinen Freund und meine Familie schaffen müssen. Ich will, dass ich es mit ihnen schaffen kann. Was auch immer ich will. Ja und auch mal ohne sie. Wie’s mir und uns passt. Ohne dieses leidige Entweder-Oder.

Und uuuh, dann habe ich es nicht sofort super taff über die Straße geschafft mit dem Kinderwagen. Ich war auch bei vielen anderen ersten Malen nervös: Wickeln, umziehen, sie anderen zum Halten geben, … Ich hab schon mehrmals geweint, weil sie geweint hat und ich beim besten Willen nicht herausfinden konnte, wie. Ich bin noch immer oft unsicher und zögerlich in manchen Dingen.

Macht mich das zu einer schlechten Mama?

Ja.

Weil es ist prinzipiell falsch, wie du’s machst – in den Augen der anderen. Schickst du den Papa allein zum Arzt mit dem Kind, bist du eine Un-Mutter. Kommst du allein, bindest du ihn zu wenig ein und bist eine klammernde Übermama. Kommst du gemeinsam, bist du – offensichtlich wie ich – ein armes Hascherl, das nix auf die Reihe bringt. Aber ist nichts Neues im Mamaversum: Du kannst dir sicher sein, es ist falsch, wie du dein Kind entbindest, es ernährst, es anziehst und erziehst. Mom Shaming eben.

Es gibt keine perfekten Mütter. Väter natürlich auch nicht. Alle machen’s auf ihre Weise – und das ist gut so. Ratschläge und Erfahrungsaustausch – eh lieb, aber ihr wisst, was für euch und euer Kind am besten ist. Also liebe Mamas da draußen, macht weiter so! Wahrt eure Grenzen, lasst – vor allem ungefragte – Meinungen, die sich nicht gut anfühlen, an euch abprallen. Ihr entscheidet. Und eure Entscheidungen sind keine Einladung für Diskussionen mit anderen. So und ich lese mir diesen Absatz jetzt gleich auch noch einmal durch. Und noch einmal. Und noch einmal.

Ein Kommentar

  1. Liebe Mama,

    DANKE! Klare Worte am Punkt. Und endlich ein Plädoyer für mehr Grenzen. Früher…ja…da war das normal. Nicht unbedingt besser, da sah man oft zu viel weg. Aber jetzt passiert beides, das peemanente Mitreden und das Wegsehen wo man eigentlich hinsehen sollte. Wir haben das richtige Maß verloren…
    Vielleicht finden wir es dank Mamas bzw MENSCHEN wie dir, die schr3iben und berichten und aufzeigen, langsam einen besseren Weg.
    Alles Liebe euch und DANKE!!
    Beate

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