Ich habe in meinem Leben schon viel in Kauf genommen. Für einen flacheren Bauch habe ich mir etwa Fettzellen wegfrieren lassen (ohne Erfolg). Auf der Suche nach Liebe habe ich zig Vollpfosten gedatet, manche sogar mehrmals. Von ein paar habe ich mir auch unglaublich weh tun lassen. Alles in der Hoffnung … Bei einem meiner ersten Jobs hab ich mich von einer miesen Kollegin mobben lassen, weil ich dachte, ich muss durchhalten, will ich in der Medienbranche Fuß fassen. Manche Freundschaften, die längst schon vorüber waren, habe ich ausgehalten, weil man eine jahrelange Beziehung nicht einfach so aufgibt. Naja.
Ich habe, weil ich mir plötzlich fest eingebildet habe, Freiheit und Abenteuer erleben zu müssen, zweieinhalb Wochen bei einem Vollblut-Hippie in Südafrika gelebt, der morgens um 6.30 Uhr seinen ersten Joint geraucht hat. Danach hat er sich noch einmal hingelegt und beim zweiten Mal Aufstehen hat er dann bis 3 in der Früh durchgekifft.
Aber im Vergleich zu einer Schwangerschaft ist das alles nichts. Pipifax. Weil was man in dieser Phase seines Lebens auf sich nimmt, ist next Level. Neben den 459 Kursen, die man besuchen und den 27.9000 Büchern, die lesen soll, gibt’s noch mindestens doppelt so viele Tipps für eine natürliche Geburt, die man beherzigen muss, will man nicht in der Entbindungshölle schmoren und danach von allen Seiten hören: „Ich hab’s dir ja gesagt …“
Geburtsvorbereitung für Profis
Meine Freundin Bettina zum Beispiel hat täglich mehrmals mit einer Glocke zwischen ihren Beinen gebimmelt, um ihr Kind, das quer lag, dazu zu bewegen, sich zu drehen. Weil das nichts geholfen hat, hat sie sich spezielle Räucherstäbchen organisiert, deren Duft das Ungeborene zu einer Wendung anspornen sollte. Hat auch nichts gebracht, außer dass sie ihr Haus damit fast abgefackelt hätte, weil das Stäbchen auf sie wiederum eine äußerst beruhigende Wirkung hatte, sie einschlief, das Teil aus der Halterung fiel und die Glut sich ins Holz vom Tisch gebrannt hatte.
Sie hing täglich kopfüber von der Couch, besprach mit einem Schamanen mögliche innere Blockaden und ließ ihren Freund unten Motivationsreden für das Baby reinsprechen. Brachte alles nix, wurde am Ende ein Kaiserschnitt. Und hat auch gepasst. Alles sind gesund und happy. Was will man mehr.
Tipps für eine natürliche Geburt: Kalbassen-Kürbisse und Louwen-Diät
Bei mir liegt das Kind zumindest richtig. Was mich allerdings nicht davon ausnimmt, an meine persönlichen Grenzen zu gehen. Und darüber hinaus. Zum Beispiel habe ich mir einen sündhaft teuren Beckenbodentrainer geleistet. Hat alles ziemlich verheißungsvoll geklungen. Immerhin trainieren Frauen in Afrika mit unterschiedlich großen Kalebassen-Kürbissen für die bevorstehende Geburt und stretchen alles, was innen wie außen zum Dehnen geht. Das Teil ist vom Prinzip her ähnlich. Ich hab’s einmal verwendet mit dem Fazit: Das war rausgeschmissenes Geld. Wie auch der Kurs zum richten Atmen.
Die meisten anderen Maßnahmen habe ich mittlerweile auch eingestellt. Wie die Louwen-Diät: kein Weizen und kein Zucker acht Wochen vor dem Entbindungstermin. Das Ergebnis soll eine möglichst termingerechte und weniger schmerzhafte Entbindung sein. Hat was mit Insulin und Prostaglandin zu tun. Weil zweiteres nicht an bestimmten Rezeptoren anlegen kann, wenn man zu viele einfache Kohlehydrate isst, weil dann schon ersteres drauf sitzt.
Ich hab’s die ersten 14 Tage ganz gut durchgehalten, dann überrollte mich eine Hormonwelle, ich habe wegen allem geplärrt. Zum Beispiel, weil ich bei offener Tür am Klo saß und der Hund sie im Vorbeigehen beinhart zugedrückt hat als wollte er mir signalisieren, dass er mir nicht beim Pinkeln zusehen wollte. Muss ich mehr sagen? Außer Zimtschnecken, Extrawurstsemmeln und Lasagne hat mich in der Phase nichts getröstet. Inzwischen fühle ich mich emotional einigermaßen stabil. Denke aber, es liegt an den Zimtschnecken, Extrawurstsemmeln und der Lasagne.
Mein Leben fühlt sich im Liegen momentan einfach besser an …
Mit Yoga hab ich’s auch probiert, nur dass mein Becken mir die Übungen nicht wirklich verziehen hat und ich drei Tage in Folge mich nur noch wie eine Ur-Oma fortbewegen konnte und mein Freund mich im Halbschlaf mitten in der Nacht, wenn ich dringend aufs Klo musste, hochhieven musste, damit es sich gerade noch ausging. Aber weil Yoga soooo gut ist, wie so viele sagen, habe ich mich noch einmal und noch einmal dazu gezwungen, bis ich mir – wie schon öfter im Leben – eingestehen musste: Mag für viele schon so stimmen, für mich halt nicht. Mein Leben fühlt sich im Liegen momentan einfach besser an. Ist so. Akzeptiere ich.
Ich habe heiße Sitzbäder gemacht, weil die alles locker machen sollen. Alles außer mich selbst, denn sie sollen auch Hämorrhoiden begünstigen. Und so saß ich da über dem warmen Dampf, jedes Mal in der Sorge, mich könnte das Hämorrhoiden-Schicksal ereilen. Super entspannend, vor allem auch, weil man darauf achten muss, nicht zu weit nach unten zu rutschen, weil sonst Verbrennungsgefahr.
Zwei, drei Tipps für eine natürliche Geburt setze ich nach wie vor um: Ich esse täglich sechs Datteln. Eine jordanische Forschergruppe soll nämlich herausgefunden haben, dass der Verzehr dieser zu einer signifikanten Verkürzung der Latenzphase der Geburt führt und noch ein paar positiven Dingen. Hilft’s nichts, schmeckt’s mir zumindest.
Ich mische mir regelmäßig Leinsamen ins Joghurt. Aktiviert Magen und Darm. Zu einer guten Verdauung sagt man nicht Nein. In keiner Lebensphase. Und auch das schmeckt mir.
Auf YouTube und Spotify klicke ich mich regelmäßig durch Hypnosen, unterhalte mich während den Trancen mit meiner Gebärmutter („Danke, dass du das so toll machst!“) und versuche vor allem dann zu entspannen, wenn ich mich besonders gestresst fühle. Zwischendurch unterhalte ich mich auch einfach so mit meinem Körper. An der Supermarkt-Kassa oder wenn ich in der Badewanne liege. Ich mach’s mit meinen Pflanzen, warum also nicht auch mit meinem Uterus? Manchmal habe ich das Gefühl, mein Body antwortet mir: „Alles easy, solange du nicht noch mal mit diesem Stretching-Teil um die Ecke kommst … Die Dammmassage ertrage ich gerade noch. Auf die können wir uns einigen, wenn du willst. Deal?“ Deal.